Selkach, Rosental, Kärnten
46°32’22.3″N 14°05’52.4“E
ZIKKURAT – DRAUWELLE (Arbeitstitel: drau.art) ist ein Projekt von: Verbund, Carnica Region Rosental www.carnica-rosental.at, Verein Skulpturenpark Drau-Rosental in Zusammenarbeit mit DI Edmund Hoke, Tomas Hoke und Armin Guerino
BESTAND
Die Selkacher Bucht entstand an der Stelle des ursprünglichen Flusslaufes der Drau bei der Errichtung des Stausees. Ein Damm schützt die Ortschaft Selkach und die östlich von Selkach gelegenen Felder.
VORGABE
Im Zuge der Errichtung einer Flussrinne im Stausee, die den Verlandungsprozess beenden soll, werden seitliche Führungen errichtet. Die Rinne wird ausgebaggert. Die anderen Teile des Stausees werden landschaftsplanerisch behandelt. Schutzzonen für Wassertiere und -pflanzen, Bereiche für Fischerei, für Wassersport und Vogelschutzgebiete werden eingerichtet. Mit der Anlage eines Hafenbeckens wird auch ein erhöhter Aussichtpunkt geschaffen. Es entstand die Idee, dieses Vorhaben mit einem künstlerischen Eingriff zu verbinden – ein “landart”-Projekt zu initiieren, das test- und prototypischen Charakter für alle in Zukunft flussabwärts zu gestaltende Stauseebereiche haben sollte.
KONZEPT
Thematisch orientiert sich die Gestaltung von Hafenbecken, Aussichtshügel (Zikkurat) und Begleitdamm an Wasserformen wie Strudel, Walze und Wellen.
- Als erste Stufe wird das Hafenbecken in Strudelform, wie sie an einer Flussbiegung entsteht, als Einstieg in den weiteren Formenverlauf angelegt.
- Der anschließende Hügel “Zikkurat” wird in Schneckenform ca. 20 Meter hoch aufgeschüttet: Entgegen dem ersten Konzept beginnt er nun im Hafen – dadurch ensteht eine breitere Ansicht von der gegenüberliegenden Talseite. Ein sich schneckenartig nach oben windender Gehweg endet an einer kreisrunden Wasserfläche (Øca 6 m), in die den Weg fortsetzend, begehbare Steinplatten eingelegt werden. Die Spiegelung der Bergketten im Wasser wird beim Umrunden und Annähern an den Gipfel des Hügels sichtbar. Das entstehende Paradoxon – Wasserspiegel am höchsten Punkt, am Kopf stehende Ansicht der Berge, Gehen auf dem Wasser – erweitern die natürlichen Eindrücke um die mit einfachen und ebenfalls mit natürlichen Mitteln gemachten künstlichen Effekte.
- Die Wellenkette: Der langgezogene Damm wird als Wellenkette ausgebildet, die in der Ferne abebbt. Die Wellen nehmen mit der Entfernung vom “Zikkurat” an Wellenhöhe und -länge ab. Die erste Welle ist begehbar, dann tauchen die Wellentäler ins Wasser und bilden so die gewollte Begrenzung für Besucher – die weiteren Bereiche sind als Vogelschutzgebiet ausgewiesen.
Die Wellenflächen sollen dem Besuchern die Möglichkeit bieten, durch den Querschnitt und durch die Ausformung von Spitze zu Talgrund die Erfahrung von Weite und Geborgenheit zu machen. Gleichzeitig wird ein formales Echo zu den Bergketten der Karawanken erzeugt. Die große und langgezogene Form soll auch als temporärer oder permanenter Skulpturengarten genutzt werden können.
STRATEGIEN DER LANDSCHAFTSGESTALTUNG
Im Gegensatz zur Naturlandschaft (der sich selbst überlassenen Entwicklung) hat der künstliche Eingriff neben der Gestaltung auch Pflegbedarf. Im Falle der Drauschleife gibt es Übergänge von den der Natur überlassenen Entwicklungszonen bis hin zu intensiv genutzten Arealen (Sport, Freizeit, Erholung).
Der Hafen mit seinen umliegenden Flächen wird als zentraler Kommunikationsort verstanden. Diese Zonen unterteilen sich in Liegeplätze für Boote, Liegewiesen, Picknickplätze, Erholungszonen. Der Aussichtskegel “Zikkurat” wird als Kunstort erfahrbar sein (als Ort höchster Gestaltungsdichte: Runde Wasserfläche/Spiegeleffekte – Illusion).
Die Schnittstellen zwischen den Erfahrungsbereichen können durch weitergehende Kunstprojekte bearbeitet werden (temporäre Eingriffe/Interventionen mit Objektcharakter). Diese “Kunst in der Landschaft” Projekte sollen durch Kunstinitiativen bespielt werden.
Die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten soll begleitende Aktivitäten interdisziplinärer Art fördern (zB: Universität für Bodenkultur in Zusammenarbeit mit Künstlern, Schulen, Interessensgemeinschaften etc.).
Die Einbindung der örtlichen Bevölkerung ist durch dörfliche Traditionen (Feste etc.), auch in Verbindung mit der Landwirtschaft (zB: Weide-tierhaltung [Ziegen, Schafe] für die Pflege des Areals), zu fördern.
Gestaltungsfragen und Konzepte sollen transparent für die Dorf-bevölkerung präsentiert bzw. diskutiert werden. Angestrebt wird eine arbeits-teilige Form der Pflege des Areals zu erreichen, um die Identifikation mit dem Projekt herzustellen.
NATURBELASSENE ZONEN
Der geschützte Bereich kann nur von den Aussichtsplätzen der Randzonen beobachtet werden. Im Inneren der Bucht sollen unter Hinzuziehung von Experten Inseln entstehen, die mit den Wellen des südlichen Dammes (Wellenkette) korrespondieren. Diese Inseln sollen verschiedenartigste Habitate fördern und schützen.
DIE WELLENKETTE
Da die Wellenkette nach dem ersten öffentlich begehbaren Hügel in ein teilweise überflutetes Wellental eintaucht (Schilfbewuchs) wird der Rest der Wellenkette schwer zugänglich sein. Die Zugänglichkeit der Restkette könnte temporär durch einen Pontonsteg für bestimmte Aktivitäten geöffnet werden. ZB: Orts- und Naturspezifische Kunst- und Forschungsprojekte. Diese Projekte können allerdings nur in Zeiten durchgeführt werden, in denen der Lebensraum der Tiere am geringsten gestört wird. Zum Beispiel können die Kunstprojekte nach ihrer Errichtung der Natur überlassen und von den Aussichtsplätzen oder vom offenen Wasser aus betrachtet werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Das Grundkonzept der Gestaltung soll über mehrere Jahre ausgeführt werden, wobei Veränderungen der Nutzungsstrategien miteinbezogen werden können. Das Pflegekonzept muss von Beginn an wirken, da eine Verwilderung des Areals nicht in allen Teilen gewünscht ist.
Das drauart-Projekt soll zu einem Musterbeispiel für einen Lebensraum werden, der wirtschaftliche Nutzungen mit kulturellen, wissenschaftlichen und didaktischen Schwerpunkten verknüpft, sowie Erholung und Freizeitmöglichkeiten bietet.
Kleine Zeitung vom 3.5.2002
Kühne Besteigung der Drau-Wellen
Wenn der Bagger zum Künstler wird: Der Süden lebt auch mit “drau.art”. Ein Projekt für Camper, Ornithologen, Radler, Surfer, Holz-Schafe & Co.
Als würde er mit einer überdimensionalen Angel zum großen Fang ausholen, schwenkt der Bagger seine Schaufel, holt Schwung und lässt sie mit Getöse ins Wasser platschen. Zum Vorschein kommt Geröll, das die Drau aus den Alpen in ihre Stau-Tiefen bei Selkach im Rosental anspült und das dort liegen bleibt wie eine zu schwere Mahlzeit.
Eine Million Kubikmeter Material sammelt sich jährlich im “Magen” der Drau – für ein sensibles Ökosystem schwer zu verdauen. Die Beschwerden sind menschgemacht, jetzt sollen sie auch von Menschenhand gelindert werden. Der Verbund ist dabei, die Stau- und Regulierungssünden der Vergangenheit durch die Rückkehr zum Ur-Zustand zu bereinigen, die Natur soll wieder Einzug halten. Als Bindeglied zwischen Natur und den vielen Interessengruppen wie Bootsfahrern, Ornithologen, Fischern, Campern und Surfern fungiert die Architektur.
Und wo kommen die Leute besser zusammen und ins Reden als an einem Tisch? Das dachten sich auch Roland Winkler sowie die (Architekten-Maler-Grafiker-)Brüder Tomas Hoke, Ed Hoke und Armin Guerino. Am Schnittpunkt zweier Sprachen und vieler Interessen, mitten im Kontrast von Bergen und Stromschnellen gestalteten sie am ersten “Kultur-Dienst-Tag” den Auftakt zu “Der Süden lebt”.
An einer 400 Meter langen Tafel, rund um das Gebiet des gerade entstehenden Vogelschutzgebietes und des neuen Hafens Selkach, konnten die Gäste ihre Gedanken zu Papier bringen. “Wir wollen dieses Gebiet zu einem Ort der Begegnung machen, wo die Leute merken, was der andere will und lernen, sich zu respektieren”, erklärte Ed Hoke.
Neben einem Hafen, der als Kommunikations- und Erholungsort dienen wird, entsteht ein sogenannter “Zikkurat”, ein Erdkegel, auf dessen Spitze sich Prinzipien in ihr Gegenteil verkehren. An den schneckenförmigen Aufgang schließt eine Wasserfläche an, welche die Karawanken auf den Kopf stellt. Gleichzeitig wird man auf Steinen durch das Wasser (oder doch die Berge?) gehen können. Von dort oben kann der Blick auch in die wellenförmige Abgrenzung des Vogelschutzgebietes eintauchen, die wie ein Echo aus den Bergen langsam in die Drau einfließt. Die erste Welle wird man noch erklimmen können, die anderen setzen sich unter der Wasseroberfläche fort. Von Zeit zu Zeit werden dort mit dem Verein Skulpturenpark Drau-Rosental und der Carnica Region Rosental künstlerische Akzente gesetzt. Für die Landschaftspflege sollen Schafe eingesetzt werden, ein tierisches Happening konnte aufgrund der Maul- und Klauenseuche am Dienstag aber nicht stattfinden. Das vom Verbund unterstützte drau.art-Projekt ist ein Prototyp für weitere Renaturalisierungsvorhaben an der Drau. Dass dieser Teil des Südens lebt, ist aber vor allem der Kunst der Begegnung zu verdanken. Die Unterstützung der Bevölkerung für das Projekt ist groß, denn man ist froh, dass endlich etwas mit dem Landstrich passiert.
Dolores Omann
english translation
Lebensraum Wasser was founded in 2003, the International Year of Freshwater, by Carinthia’s Environment Department aiming at making the banks of Carinthia’s rivers and streams accessible to the public and keeping them free from private development and at the same time returning a habitat to nature‘s flora and fauna. Carinthia‘s 8,000 kilometres of river now offer numerous places where the public can enjoy the water, focussing on art, cuisine, health, sport, play and adventure.